Wolfios Balleden

Thema: Wolfios Balleden Di Mai 12, 2009 1:21 pm

Hier mal eine Rede/Ballade zum Thema Prometheus, anlässlich eines Schreibwettbewerbs in unserem Grundkurs Deutsch, 11. Klasse.

Rede des Prometheus an die verräterischen Götter
Von Mirco Beier

Hey dort, Ihr feigen Götter!
Wesen, die ihr euch für das Höchste haltet.
Existierend alleinig durch Verrat,
Nun erzürnt durch den Meinigen.
Wer seid ihr schon?

Ach ihr Götter!
Hochmütige Kreaturen,
Angetrieben von Gier und Neid,
Angetrieben von Hass und Freude am Leid.
Was seid ihr denn schon?

Ach ihr Götter!
Ihr verräterischen Wesen,
Ihr unsterblichen Geschöpfe.
Ihr wagt es über mich zu richten?
Ihr wagt es wahrlich, über mich zu urteilen?
Ausgerechnet ihr, die ihr eure Unsterblichkeit,
Dem Verrat eines sorgenden Wesen zu verdanken habt?

Höret mich, ihr Götter:
Hier stehe ich nun,
Angeschmiedet an diesen Fels,
Gebunden, mit Fesseln und Ketten,
Doch ungebrochen in meinem Glauben,
Dem Glauben des Titanen, der ich bin und war,
Dem Glauben an die arme sterbliche Menschheit.

Ach, ihr Götter,
Die ihr mir zürnt, weil ich das Feuer stahl,
Das Feuer, das ich meinen Menschen wiedergab.
Hasst mich nur, verachtet mich nur,
Denn euer Hass ist meine Genugtuung,
schließlich sogar mein größter Triumph,
Mein Triumph über euch.

Höre mich, Zeus!
Verräter an deinem eigenen Blute.
Nie werde ich mein Haupt vor dir beugen.
Weder deine Blitze, noch dein Zorn,
Konnten das zerstören, was ich einst schuf.
Verlangst von ihnen, meinen Menschen,
Was sie wenn nur mir schuldig sind.

Doch höre, Zeus.
Nicht Hass ist’s,
Was ich für dich fühle.
Mitleid ist’s!
Mitleid, Traurigkeit und Belustigung,
Und all dies, weil ich unser aller Zukunft kenne.

Höre, Zeus, höre Verräter:
Es wird der Tag kommen,
Der Tag, an dem die Menschen sich lösen,
Lösen von Dir, lösen von den Göttern,
Sich Selbst lösen, von mir,
Mir, Prometheus, welcher sie einst erschuf,
Erschuf mit seiner eigenen, titanischen Kraft.

Sieh nur Zeus,
Sieh, ich bin gekettet an diesen Fels,
Weiß um das kommende Schicksal.
Jedoch wisse eines, Zeus:
Heute zürnst du mir noch,
Doch kommt der Tag,
Der Tag, an dem wir Seite an Seite untergehen.

Denn eines, Cousin,
eines habe ich gelernt in all der Zeit:
Nichts, ob nun sterblich oder göttlich sei sich gleich,
Garnichts ist für alle Zeit.
Und nun, sende mir deinen Adler,
Ich erwarte meine Strafe.

Was meint ihr dazu???

Thema: Re: Wolfios Balleden Di Mai 12, 2009 1:27 pm

Woooow! Das ist ja umwerfend. Leider haben wir uns mit der Geschichte von Prometheus nur kurz in Philosophie beschäftigt und ich kenne sie deshalb nur in ihren Grundzügen, aber ich kann mir richtig gut vorstellen, wie er am Felsen steht und die Götter anklagt.
Das ist wirklich gut. Weiter so!

Thema: Re: Wolfios Balleden Mi Mai 27, 2009 1:18 pm

danke vielmals.

was für ne note ich darauf bekommen hab, steht aber immernoch nicht fest ^^

Thema: Re: Wolfios Balleden Di Jun 30, 2009 1:12 pm

Also, Benotung für das Prometheus-Projekt steht fest

Glatte 1 ^^

Thema: Re: Wolfios Balleden Mi Sep 23, 2009 3:00 pm

Das es von Goethes "Prometheus" inspiriert wurde, steht wohl außer Frage. Die Ideale des Sturm und Drang, unter welchen das Gedicht verfasst wurde, sind auch hier zu sehen. Das die "Person" Prometheus ein wenig verfälscht wurde (also abgehend von der griechischen Mythologie) ist im Maße des Gedichtes hinnehmbar und soll auch nicht Gegenstand der Kritik sein.

Mich persönlich stört ein wenig das teilweise etwas ungelenke Versmaß. Natürlich ist dieses bei Balladen nicht den üblichen Lautgesetzen unterworfen und soll einen glatten Erzählfluss garantieren, aber mir persönlich fallen z.B. die Unregelmäßigkeiten in den Zeilen 8-9, 16-17 und 43-44 sehr stark ins Auge. Die sind schwer zu lesen und hätten m.E. nicht sein müssen. Auch in Zeile 19 f. wirkt das "Hier STEHE ich nun [...] angekettet an diesem Fels" unfreiwillig komisch. Wenn mir täglich ein Adler die Leber wegknabbern würde und ich noch dazu gefesselt wäre, würde ich jedenfalls nicht mehr stehen, das ist klar. In Zeile 1 ist das "Hey" fehl am Platze. Merke: Das y ist entweder eine I-Substitution oder aber ein moderner Buchstabe. Ein "He!", drückt dasselbe aus und wirkt angemessener in einer Ballade.

Sonst bleibt mir eigentlich nicht viel zu sagen. Gewissermaßen stellt deine Ballade eine "Fortsetzung" des Goeteschen Prometheus dar, wirkt jedoch weniger rebellisch als dieser sondern eher fatalistisch-resigniert, was mir persönlich gut gefällt, da er seine Ideale zwar nicht aufgibt, aber um deren Vergeblichkeit weiß, wie er es auch um die Endlichkeit der göttlichen Allmacht tut. Eine 1 würde ich dir wegen oben erwähnter Stilfehler nicht geben, je nach Themenbereich und Hintergrundsschwerpunkt wohl eher eine 2 oder 2+.

Thema: Re: Wolfios Balleden Mi Sep 23, 2009 9:12 pm

Hey

danke für die ausführliche bewertung ^^

die groben unstimmigkeiten sind jedoch teilweise gewollt.

1. um den redefluss zu halten
2. um den schmerz des Prometheus mit einzubauen. wie du ja sagtest,
wäre er da sicher nicht mehr in top-form.

allerdings ist das Hier STEHE ich nun... keinesfalls belustigend gemeint. soll einfach zeigen, das er trotzdem seinen stolz bewahrt hat.

note wurde übrigens trotzdem eine glatte 1 (geht ja bis 1+)

vermutlich deswegen, weil ich es als rezitation vorgetragen habe, die unstimmigkeiten
also weniger ins gewicht fielen, aber auch, da der Qualitätsduchschnitt meines deutschkurses
durch einige (srry) hinrtote, die die bezeichnung Mensch kaum verdienen,
etwas gedrosselt wird.

Thema: Re: Wolfios Balleden Mi Sep 23, 2009 9:22 pm

Ich sagte ja nicht, dass das mit dem stehen komisch GEMEINT war. Nur, dass es so WIRKT. Als Metapher ist das m.E. nicht zulässig, aber das ist wohl eher individuelle Bewertungssache.

Was das grobe Versmaß angeht: Gerade um den Schmerz herauszuarbeiten hätte ich ein exakteres Versmaß genommen. Ich greife hier mal auf Robert Gernhardt zurück, der schrieb, dass ein Gedicht entweder tragisch oder komisch sein kann und sich beides aus entweder dem exakten Befolgen von Regeln oder dem dauerhaften Verstoß gegen jene beziehen lässt. Außerdem klingt es so schöner. Um ein Beispiel zu nennen:

Statt "Angetrieben von Gier und Neid,
Angetrieben von Hass und Freude am Leid."

"Getrieben von Gier, Neid,
liebt ihr das Leid und den Hass allein"

Sagt dasselbe aus, klingt m.E. aber schöner.

Ja, dein Gedicht wurde mit 1 benotet, das hatte ich gelesen. Daher auch meine Bewertung mit 2/2+. Mir als Lehrer wäre das Gedicht stellenweise eben durch die obigen Fehler zu unästhetisch, um es nach den exakten Bewertungen einer 1 zu sehen.